hier, bevor es vergessen geht, den
Text
welcher die Künstlerin
an der Ausstellung in der
Gewerbeschule Chur
zum mitnehmen auflegte:
Marianne Brunner:
Meine Einstellung zum Kunsttrend
Ich will nicht so weit gehen, den
Begriff "Kunst" auseinander zunehmen. Ich möchte das Wort Kunst im
üblichen Sinne gebrauchen.
Wir leben in einer Zeit, in welcher
die Menschen von Dingen überrollt werden, mit denen sie oft nicht
einverstanden, noch weniger - glücklich sind.
Die Folge ist Oberflächlichkeit. Der
tiefere Sinn des Lebens geht dabei verloren.
Zu meinem Bedauern macht sich dies in
der so genannten Kunstszene bemerkbar. Was sich da manchmal hinter
dem Begriff "Abstrakt" versteckt, wird gerne mit Kunst verwechselt (siehe
Lexikon). Diese sich abstrakt nennenden Bilder wirken gewiss manchmal
herausfordernd, geben aber wenig. Nun, Formen und Farbkombinationen gibt
es in unendlicher Vielfalt, aber viele dieser Bilder sind mehr oder
weniger Spielerei. Dies ist sicher gut, um Neues zu entdecken, nur sollte
eine "Spielart" nicht mit Kunst verwechselt werden - Konditionstraining
ist ja auch noch keine olympische Disziplin.
Ich spreche hier von der "Abstrakte",
nicht aber von Impressionismus, Expressionismus, Surrealismus und
Symbolismus, auch nicht von Kubismus. Es ist nicht verwunderlich, wenn
sogenannte abstrakte "Kunstwerke" wenig Beachtung finden, manche Menschen
sogar mit Aggression darauf reagieren. Einige Kunstprofessoren und
Journalisten von Kulturredaktionen lehnen meist alles ab, was sich
ausserhalb dieses derzeit genehmen "Kunststils" bewegt. Einige gehen sogar
noch weiter. Sie machen den (oder die) nicht-Angepasste(n) zusätzlich noch
lächerlich, weil sie Kunstwerke vorzustellen wagen, welche nicht
dem modernen Trend entsprechen. Stereotype Kriterien sind zum Beispiel:
Ist es 'veraltet' ? Ist es zu 'persönlich' ? Ich frage mich ernstlich:
haben sie etwa Angst, "ihre Kunstwerke" könnten an Geltung verlieren?
Diese einseitige Bevorzugung nur
einer "Stilrichtung" führt zwangsläufig zu Übersättigung. Dazu verhindert
es auch die Auslese der Besten dieses gegenwärtigen Trends. Nicht umsonst
hört man manchmal in Ausstellungen die Bemerkung: "Das könnte ich auch,
wenn ich Zeit und Lust dazu hätte (vor allem Lust) !II.
Meiner Meinung nach entsteht dadurch
das Phänomen, dass viele junge Menschen das Interesse an der gegenwärtigen
Kunst verloren haben. Besonders junge Menschen kommen dadurch in Gefahr,
Kunst gleich welcher Stilrichtung - nicht mehr zu beachten, geschweige
denn ernst zu nehmen.
Ich finde es gut und richtig, dass
die öffentliche Hand Geld für Restaurierung, Erweiterung und Pflege von
Kunstmuseen zur Verfügung stellt, doch wäre es an der Zeit, sich über
folgendes Gedanken zu machen:
Wenn man die Abstrakte mit Kunst
gleichsetzt, ist da nicht eher jedes Brötchen ein Kunstwerk, jede Mauer
eines Maurers, jede Kritzelei eines Kleinstkindes, das irgend wo einen
Farbstift neugierig ausprobiert ?
Ja, dies sind Kunstwerke, aber aus
einer anderen Sicht. Diese Sicht haben wir heute leider verloren. Wäre dem
nicht so, hätten wir jetzt weniger ökologische Probleme.
Walt
Whitman sagt: "Jeder Grashalm ist das Tagwerk der Sterne"
Jene Künstler (im Sinne eines
Schöpfers) sind in diesem Falle die Natur, die Kinder, die Hausfrau, der
Bauer, der Bäcker - u.s.w. Doch ein Künstler, der in einer Galerie, einem
Museum oder in einer sonstigen Ausstellung ein Brötchen an die Wand nagelt
- womöglich noch Zigarettenkippen daneben klebt gleicht dem Zaunkönig
(der gleichnamigen Fabel) im Schwanz des Adlers, der stolz ausruft: "Ich
kann noch höher fliegen !"
solche Künstler
versuchen, den eigentlichen Künstlern die Schau zu stehlen
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